"Opi, Opi, willst du mir nicht wieder einen deiner kalten Novemberabende näherbingen und mit mir danach ein historisch wertvolles Zwiegespräch darüber veranstalten?" sagte die vierjährige Emma zu dem Vater ihres Vaters.
"Kalte Novemberabende, sagst du? Ist das für dich nicht ein bisschen zu fortgeschritten?" entgegnete Opa interrogativ.
Emma starrte ihren Großvater mit einem Blick an, der ungefähr aussagen soll: "Bitch, please!", oder wie sie es gesagt hätte, wenn Opa nicht gleich der Blick gereicht hätte: "Bitch, please! [Mädchenstimme]"
Großvater begann sich zu räuspern, bis er einen Schleimklumpen in seinem Mund bemerkte und ihn wieder runterschluckte. Er fing an zu erzählen:
"Über die gesamte Landschaft herrscht eine Dunkelheit, wie sie nur in Schatten von Gegenständen, die von einem sehr stark leuchtenden Licht angestrahlt werden, zu finden sind. Die Bäume verlieren langsam ihre Blätter und man sieht von weitem die sturmdurchbrausten Weiden der flachen, ja man könnte schon fast sagen planaren Berghänge, wenn sie überhaupt noch Berghänge gennant werden sollten.
Jedenfalls:
An einem dieser kalten Novemberabende im Jahre 1884 saßen zwei sprechende Muffins in einem Backofen. Der eine links, der andere rechts und der dritte in der Mitte. Sie wurden gerade erst samt Backblech von Oma da rein geschoben und langsam wurde ihnen warm."
Dazu eine kleine Nebeninfo: Muffins werden erst geboren, wenn sie gebacken werden, da sie ja davor nur, für den Menschen ziemlich unbedeutende, Teigmassen sind. Der typische Ablauf eines leider kurzen Leben solcher Muffins ist seltsamerweise mit dem der Menschen vergleichbar und sieht folgendermaßen aus:
Der Muffin wird im Backofen geboren, und hier haben wir auch schon den ersten Unterschied zu den Menschen, er wird in einem warmen Umfeld geboren, kommt aber bis kurz vor seinem Tode nie wieder dort raus. Ungeachtet dessen, er wird geboren und erlebt seine ersten Jugendminuten noch als weiche, zarte, empfindliche, ja man könnte schon fast sagen hochviskose Zusammensetzung aus verschiedensten Zutaten, zu denen ich es nicht vermagt habe, sie alle in diesen Text zu schreiben.
Die Pubertät. Die Zeit, in der er versucht sich selbst und Muffins an denen er sich festhalten kann, zu suchen, wobei man beachten muss, dass Muffins keine Arme haben. Und wer jetzt denkt, Muffins haben keine Beine, der hat sich getäuscht, denn:
"Lügen haben kurze Beine." Dieses falsch übersetzte Sprichwort kommt aus dem Chinesischen und zuuufällig wird in diesem fernen Land das Wort mit der Bedeutung "falsche Aussage, mit der andere bewusst getäuscht werden sollen", ähnlich ausgesprochen, wie das Wort mit der Bedeutung "kleine runde Kuchen, die meistens mit Backpulver hergestellt und in speziellen Backformen gebacken werden.".
So müsste das Sprichwort, wie Forscher erst kürzlich erfahren haben, "Muffins haben kurze Beine" lauten. Somit ist bewiesen, dass Muffins Beine haben. "Warum sieht man die dann nicht?" Weil sie kurz sind!
Aber Opa erzählt erstmal weiter.
"Also lag der eine Muffin so da und wusste plötzlich nicht wie ihm geschieht." "Wieso Opi?" "Weil es gut zum Rest meiner Art zu sprechen passt."
"Nichtsdestoweniger saß er nun da. Er blickte nervös um sich, weil er genau wusste, dass dieser Backofen vielleicht einst sein Anfang war, doch nun sein Ende ist. Er beruhigte sich auch nicht weniger, als er dann einem zweiten Muffin begegnete. Anfangs hatte er natürlich keine Ahnung, womit er den anderen Muffin ansprechen soll und so drückte er sich davor, doch der nähernde Tod hat ihn zum Nachdenken angeregt.
Er dachte: "Bevor ich nichts gesagt habe und einfach gegessen werde, spreche ich den Muffin lieber an. Immerhin hat man nur diese eine begrenzte Zeit zwischen A und B, also zwischen warm werden und ... na Mahlzeit. Diese Zeit sollte man auch nutzen, man muss sie genießen und wenn man jemanden mag oder vielleicht irgendwann mal mögen könnte, dann sollte man es gleich sagen, es ist nie zu früh. Denn: "Jeder Tag könnte dein letzter sein.", hat auch schon Cro gesungen, also muss es doch stimmen. Ich will nach der Verspeisung von mir nichts bereuen. Ich will mir danach nicht denken müssen, warum ich nicht einfach zu dem anderen Muffin hingegangen bin und ihn angesprochen habe."
Also sagte der Muffin zu dem anderen Muffin: "Hi!"
Schnurstracks hüpfte der andere Muffin auf, als hätte er erst in diesem Moment gewusst, dass er auf einem brennheißen Backblech saß. Er sah den einen Muffin ängstlich an und schrie: "Waaahhh, ein sprechender Muffin!!!""